makabere Kurzgeschichte von anno tobacco


gerade auf einer alten floppy disk [!] gefunden: 
 Hmm...
Hmm...
So ist´s brav meine Süße. Ganz ruhig. Halt still...
T-SCH-K!
  Das Fell reißt schlagartig ein. Geschickt teilt die geübte Spitze ängstlich weichend weiches Fleisch. Durch die Epidermis. Durch ein wenig Fett. Zerreißt anliegende Muskelfasern. Der im Weg stehende Knochen splittert. Endlich dringt der Boltzen in sanfte Gehirnwindungen. Dunkelheit im tierischen Bewußtsein. Ein bißchen wird noch herumgezuckt, dann ist es endlich aus.



  Emil hängt sein Werkzeug in seine abgewetzte Halterung.  Das Letzte für heute. Für heute.
Bis vor Kurzem war sein Job im Zentralschlachthof noch ein gemütlicher gewesen.  Am Morgen sah er das Tagesprogramm durch, rauchte manchmal einen Joint oder nahm sich einen guten Schluck aus der Flasche im Belegschaftsraum. Dann loslegen. Vielleicht ein etwas abstumpfender Tagesablauf, doch voll Genuß, mit Freude an der Arbeit. Knochenarbeit.           Ha,ha,ha.
  Jetzt wird nur mehr ausgelöscht. Kein letzter großer Augen-Blick mehr. Kein präzises Anlegen der Mündung des Schlachtschußaparates mehr. An die wohlbekannte Stelle. Kein tiefes, innbrünstiges, irgendwie geiles Durchatmen und . . .  AB-drücken mehr.
Nur monotones:  Kopf her! Anlegen. pflumpp! Fertig! Nächstes!   -die ganze Schicht durch, den ganzen Tag lang. Keine späteren, wohlspeisenden Endverbraucher mehr.
Auf den Haufen. Auf den Laster. Ab in den Ofen.
Scheiß Rinderwahn! Echt.








Abends (Heute):
  Gewaschen. Feierabend beim Wirten. Alle sind da oder kommen sicher noch. Was hätten Sie denn gern´ zum trinken? –Bier. Außen kalt innen feucht.              Ha, ha, ha . 
Bier wird in großen Mengen serviert und hinuntergestürzt, weggeschlürft.
Josch sagt: die Kellnerin, die is´ neu. Hast du die schon amal da gesehen?- nein, aber ich hab´ gehört, daß sie des nur als Ferialjob macht. Die kommt aus der Hauptstadt.
-Na dann geht´s sicher nacher mit raus. was rauchen.


  Es ist Verenas dritter Arbeitstag beim Wirten zur glücklichen Sau. Sie geht mit hinaus. Emil hat einen bitteren Geschmack im Mund. Er schluckt die Mischung aus Bier, Zigaretten und Schlachthof-Restaroma hinunter. Bier schmeckt fast so wie Blut, Blut das manchmal von den penetrierten Viecherschädeln zurück in sein Gesicht, auf seine Lippen spritzt, denkt er sich. Blut von dem er schon heimlich gekostet hat. Auf dem Parkplatz wird ein Joint angezündet, außer Emil, Josch und Verena ist niemand heraußen. Einen schönen Hals hat die, denkt sich Emil. So glatt. So blaß. Hmm... Sie zieht den Rauch mit aller Kraft in ihre Lungen. Ohne zu husten oder sich zu verkutzen .Der vom glühenden Ende des Geräts aufsteigende Nebel umspielt zärtlich ihre Finger. Die will ich. Denkt Emil. Josch bemerkt, obwohl halb hinüber, die verliebt lüsternen Blicke, mit denen Emil Verena abtastet. Er verläßt die beiden aus gutem Grund. Auf ihn wartet noch Bier, das er nicht warten lassen will.


Ich bin für heute fertig, sagt sie. Ich zeig dir einen Ort den du nie vergessen wirst, er. Komm mit mir. Wir fahren gleich hin. Sie sagt: wie du willst.


  Emil ist aufgeregt. Sie scheint sich der Musik aus den Autoradioboxen hinzugeben. Mit geschlossenen Augen läßt sie ihre über ihren Kopf gestreckten Hände tanzen. Sie reibt ihre Schenkel aneinander. Emil beachtet die Straße kaum.


  Sie fahren zum Ausichtspunktparkplatz. Emil will. Er muß.
Die beiden lieben sich ihren Zuständen entsprechend heftig.  Halb ihren Kleidern entrückt schwitzen sie unter rhythmischem Keuchen. Emil wollte sich etwas nehmen, wollte sich das Mädchen nehmen, doch jetzt ist er es von dem genommen wird. Das Spiel der kopulierenden Körper währt eine knappe halbe Stunde. Danach ist Emil entrückt und Verena wieder bei sich. Emil lernt etwas Neues kennen. Er lehnt sich an ihren Busen und fühlt sich postejukalativ geborgen.
Auf einmal: Frieden, Sicherheit, geborgene Ästhetik. Emil beginnt sich selbst zu betrachten. Sein Leben, seinen Job. Einfach so.
 Verena streichelt ihm eine verschwitzte Strähne aus der Stirn. Sie fühlt die klare Kälte des Metalls in ihrer, in ihrer Handtasche fündigen Hand.  Verena hat ihre Vorstellungen.


Hmm...
So ist´s brav mein Süßer. Ganz ruhig. Halt still...
...